Szenario "Teilzerstörtes Gebäude"
Der 29. März war als regulärer Dienstsamstag in den Dienstplänen der Helfer des OV Mainz vorgesehen. Allerdings wurde die normal stattfindende Ausbildung an diesem Samstag "etwas anders gestaltet".
Kurz darauf war ein "Knacken" aus den Lautsprechern des OV zu vernehmen. Die anschließende Durchsage: „Achtung: Einsatz für den Technischen Zug und die Fachgruppe Infrastruktur des THW OV Mainz. Einsatzbereitschaft unverzüglich herstellen. Ende der Durchsage“. Anschließend verstummten die Lautsprecher wieder. Nun lag es an der „führungslosen“ Mannschaft diese Meldung umzusetzen.
Dazu war es notwendig die graue Arbeitsbekleidung ab- und den blauen Einsatzanzug anzulegen, um sich anschließend mit kompletter PSA (Persönlicher Schutzausstattung) einsatzbereit zu melden.
Nun fanden sich auch die Führungskräfte wieder bei der Mannschaft ein, überbrachten das Einsatzstichwort: „teilzerstörtes Gebäude“ und ließen MTW, GKW1, MzKW sowie MLW3 („GKW Infra“) abmarschbereit besetzen. Über 4m Funk meldeten sich die Fahrzeuge abfahrbereit beim Zugtrupp, woraufhin sich die Kolonne in Richtung Einsatzstelle in Bewegung setzte.
Vor Ort - einem uns freundlicherweise von den Stadtwerken zur Verfügung gestellten und zum Abriss vorgesehenen Gewerbe- und Wohngebäude - eingetroffen, wurden die Helfer in die genaue Lage eingewiesen. In dem drei Stockwerke hohen unterkellerten und teilzerstörten Gebäude wurden noch Personen vermisst. Ein Erkundungstrupp unter Atemschutz drang zur Erkundung in das Gebäude ein, ein zweiter Sicherungstrupp hielt sich draußen bereit. Nachdem der erste Atemschutztrupp einen Teil des Gebäudes erkundet hatte brach plötzlich einer der Helfer des Trupps zusammen. Da dies Teil der Übung war, zückte er zuvor einen Zettel mit der Information, dass er gerade einen Kreislaufzusammenbruch erlitten hatte. Sofort wurde vom verbleibenden Truppmann der Sicherungstrupp angefordert, welcher sich unverzüglich zur Rettung des Kameraden in das Gebäude begab. Des Weiteren wurde ein neuer Sicherungstrupp unter Atemschutz in Bereitschaft versetzt. Nach der abgeschlossenen Erkundung konnten die Atemschutzgeräte abgelegt und das Gebäude auch ohne Pressluftatmer betreten werden.
Anschließend mussten mehrere Personen in dem Gebäude erstversorgt und anschließend abtransportiert werden. Bei einer aufgefundenen Person wurde ein Herz-Kreislaufstillstand festgestellt, diese musste vor Ort mittels HLW (Herz-Lungen-Wiederbelebung) reanimiert werden. Da jeder Helfer im THW alle zwei Jahre ein Erste-Hilfe Training absolvieren muss, sitzen die Handgriffe. Zum Üben wurde eine spezielle Übungspuppe, die „Little-Ann“ eingesetzt, welche uns freundlicherweise vom DRK Ortsverein Weisenau zur Verfügung gestellt wurde.
Da bei dem Gebäude die Zugänge im Erdgeschoss blockiert waren, war ein Eindringen nur über die Fenster im ersten Stock möglich. Sämtliches eingesetzte Material und Personen mussten also über Leitern und Leiterhebel in das Gebäude hinein und wieder heraus gebracht werden. Zum Transport der Verletzten aus dem Gebäude wurden sowohl Leiterhebel und die schiefe Ebene eingesetzt.
Um zu einer eingeschlossenen Person im Obergeschoss vordringen zu können musste von den Bergungsgruppen ein Wanddurchbruch hergestellt werden.
Zur Versorgung einer eingeschlossenen Person im Keller war es ferner notwendig eine Kernbohrung im Gebäudeinneren durchzuführen. Mittels des Kernbohrgeräts ist es möglich Bohrungen mit einem Durchmesser von bis zu 110mm durchzuführen und diese beispielsweise zur Versorgung eingeschlossener Personen mit Nahrung, Medikamenten oder Decken zu verwenden. Das Kernbohrgerät ist Teil der "schweren Bergung", welche Bestandteil unserer zweiten Bergungsgruppe ist.
Da das Kernbohrgerät, neben Strom auch eine Wasserversorgung zur Kühlung benötigt, war es die Aufgabe der Fachgruppe Infrastruktur, diese im Keller des Gebäudes sicherzustellen. Hierzu wurden Stromerzeuger, Standrohr und Wasserschläuche eingesetzt, welche ebenfalls über den Fensterzugang im ersten Stockwerk geführt werden mussten. Aufgrund des dunklen Kellerbereichs wurde durch die Fachgruppe Infrastruktur die Ausleuchtung übernommen. Ferner war es notwendig die Kellerdecke für die anstehenden Arbeiten, mit Hilfe von Teilen aus dem EGS (Einsatz Gerüst System), abzustützen. Diese Aufgabe wurde von der ersten Bergungsgruppe übernommen.
Nachdem die Kernbohrung durchgeführt war, stellte sich heraus, dass eine Rettung der Person mittels Wanddurchbruch an dieser Stelle nicht möglich ist. Ein alternativer Rettungsweg musste gefunden werden. Ein leerer Fahrstuhlschacht bot dazu die Möglichkeit. Es wurde eine Abseilvorrichtung eingebracht und ein Helfer zur Erkundung und Betreuung des Verletzten abgelassen. Anschließend konnte diese Person aus ihrer Lage befreit und mittels Sitztuch aufgeseilt werden.
Auch der Zugtrupp nahm während des gesamten Geschehens seine Einsatzaufgaben wahr. Im MTW wurde die Zugbefehlsstelle aufgebaut und betrieben. Hier wurden Einsatztagebuch sowie Übersichten der aktuellen Lage, der eingesetzten Trupps und des verfügbaren Personals geführt.
Aufgrund der Übungsdauer und um die Küchenmannschaft in die Übung mit einzubinden, wurde die Verpflegung zur "Einsatzstelle" angefordert. Dies gab allen Beteiligten die Möglichkeit sich bei Spaghetti Bolognese zu stärken.
Nachdem alle Personen gerettet, die eingesetzten Geräte zurückgebaut und verlastet waren, wurde im Ortsverband noch eine Abschlussbesprechung mit allen beteiligten Kräften durchgeführt. Diese viel durchweg positiv aus und erkanntes Verbesserungspotential kann nun in den folgenden Diensten angegangen werden. Vielen Dank an dieser Stelle auch an die Mimen, welche von Helfern aus der Grundausbildungsgruppe gestellt wurden.
Konsequente und wiederholende Durchführung von Übungen ermöglicht es den Helfern, das teils theoretisch erworbene Wissen praxisnah und unter möglichst einsatzrealistischen Bedingungen zu trainieren. Ziel ist es, das erlernte Wissen zu vertiefen und bestimmte Handlungsvorgänge mehr zu automatisieren. Dies versetzt die Helfer in die Lage, auch unter stressreicheren Einsatzbedingungen, einen möglichst kühlen Kopf zu bewahren.
Weitere Bilder aus dem Übungsgeschehen sind in unserer Foto-Galerie zu finden:
www.thw-mainz.de/G2Bridge/index.php/v/uebung-20080329/